Du willst deinem Tier helfen – vielleicht bei Angst, Unsicherheit oder einfach, um mehr Ruhe und Vertrauen in euren Alltag zu bringen.
Du hast von Tellington TTouch gehört, vielleicht schon ein Seminar besucht oder ein Buch von Linda Tellington-Jones gelesen. Voller Motivation legst du los. Und dann… klappt es irgendwie nicht. Dein Tier wirkt genervt oder zieht sich zurück. Du wirst unsicher. Mache ich was falsch?
Genau hier setzen wir an. Viele dieser Reaktionen haben nichts mit deinem Tier zu tun, sondern mit typischen Anfängerfehlern, die ganz leicht passieren – und genauso leicht vermieden werden können. Ich zeige dir hier die zehn häufigsten Stolpersteine beim TTouch – mit ehrlicher Klarheit, aber ohne Druck. Denn du musst nicht perfekt sein. Du musst nur präsent sein.
Los geht’s.
1. Zack-zack statt langsam und rund
Wir sind’s einfach gewohnt: alles schnell, effizient, zack-zack. Das steckt in uns drin. Und genau das wird beim TTouch zum Problem. Denn hier geht’s nicht um „fertig werden“. Es geht ums Dasein.
Ein typischer Anfängerfehler?
Wusch, Kreis, fertig – und weiter zur nächsten Stelle.
Aber TTouch ist langsam, bewusst und achtsam.
Ein Kreis dauert gut und gern ein bis drei Sekunden. Und ja, das fühlt sich am Anfang komisch an. Es ist aber genau richtig.
Tipp:
Mach mal einen Kreis an dir selbst. Ganz langsam. Und achte darauf, ob du noch atmest. Viele halten nämlich unbewusst die Luft an, wenn sie etwas „richtig“ machen wollen. Aber dein Hund merkt das sofort.
Also: Langsam. Atmen. Spüren.
Dann kann dein Hund sagen: „Ach so… das meinst du.“
2. Zu viel Druck – das Nervensystem braucht was anderes
Auch das ist ein typischer Anfängerfehler: Die Kreise werden viel zu fest ausgeführt. Die Hände drücken richtig rein, als würde man eine Verspannung lösen wollen. Aber TTouch ist keine Massage.
Wir arbeiten nicht an der Muskulatur, sondern mit dem Nervensystem. Und das reagiert ganz anders.
Was das Nervensystem braucht? Sanften, bewussten Kontakt.
Und ja – das ist Übungssache.
Man spürt den Unterschied oft erst, wenn man’s selbst ausprobiert. Deswegen bitte ich auch hier wieder: Mach den Touch erst mal an dir selbst.
Einfacher Test:
Lege deine Finger auf deine Wangenknochen. Ganz leicht. Bewege die Haut in einem 1 1/4 Kreis.
Wenn du den Knochen gerade noch spürst, ist das Druckstärke 1. Und das reicht. Für den Anfang – und oft auch darüber hinaus. Versuche diesen federleichten Druck auf deinen Arm zu übertragen und erinnere dich immer mal wieder selbst daran.

3. Den Atem anhalten
Wenn wir was Neues machen, uns konzentrieren oder besonders „richtig“ sein wollen, passiert fast immer dasselbe: Wir halten die Luft an. Ganz unbewusst.
Was passiert dann? Der Körper spannt sich an. Die Schultern gehen hoch, der Nacken wird fest, die Bewegungen verlieren ihre Weichheit. Und das überträgt sich direkt – auf deinen Hund.
Deswegen: Atmen. Ganz bewusst.
Einatmen. Ausatmen. Wieder einatmen. Und wieder aus.
Wenn du dir nicht sicher bist, mach diese kleine Übung:
Lege eine Hand auf deine Brust, die andere auf deinen Bauch. Atme tief und langsam durch die Nase ein. Dann langsam durch den Mund aus.
Spür, wie sich deine Hände bewegen. Wo geht dein Atem hin? Was verändert sich in dir?
Diese einfache Beobachtung hat einen direkten Einfluss auf dein Nervensystem. Sie aktiviert den Parasympathikus – das ist der Teil, der für Ruhe, Erholung und Regeneration zuständig ist. Und wenn dein Körper zur Ruhe kommt, kann auch dein Hund loslassen.
Probier’s auch mal im Alltag:
Wenn dein Hund an der Leine zieht – wie ist deine Körperspannung? Hältst du auch da den Atem an? Wahrscheinlich ja. Aber genau da kannst du gegensteuern.
Ich mach diese Übung oft in Seminaren.
Und was passiert? Plötzlich wird es leise. Die Leute werden ruhiger, die Hunde legen sich hin, seufzen, gähnen. Kein Zauber – nur Atmen.
4. Gleich ans Tier? Lieber nicht. Üb erst mal an dir selbst
Mit dem, was du gerade erst gelernt hast, an deinen Hund zu gehen, ist nicht immer die beste Idee.
Warum?
Weil du zu Anfang meistens unsicher bist. Du überlegst, wie rum der Kreis nochmal ging, wie viel Druck okay ist, und ob du das überhaupt richtig machst.
Und dein Hund? Der spürt das sofort. Hunde haben ein unglaubliches Gespür für unsere Stimmung.
Und nicht selten springt er auf, geht weg – und du denkst:
„Na toll. Der mag keinen TTouch.“
Dabei liegt’s nicht am Touch. Es liegt an deiner Ausstrahlung.
Ich sag in meinen Kursen oft:
„Manchmal kann man direkt die Gedankenblase überm Hundekopf sehen: ‚Üb erst mal, Frauchen – und komm dann wieder.’“
Also: Bevor du deinen Hund berührst – üb an dir selbst.
Mach die Kreise auf deinem Arm, deinem Bein, deiner Schulter. Spür, wie’s sich anfühlt. Werde sicherer. Dann bist du präsent, klar, ruhig – und genau das gibt deinem Hund die Sicherheit, die er braucht, um sich darauf einzulassen.
5. 3 Kreise an der selben Stelle-das ist nicht Tellington TTouch
Die konkrete Anweisung beim Tellington TTouch ist eigentlich ganz einfach:
Verschiebe die Haut in einem 1 ¼ Kreis um das gedachte Ziffernblatt einer Uhr. Dann gleite einen Fingerbreit weiter zur nächsten Stelle. Und dort machst du den nächsten Kreis. So entstehen kleine Berührungs-Einheiten, die sich wie Perlen auf einer Kette aneinanderreihen.
Warum das so oft schiefgeht? Keine Ahnung. Aber es passiert regelmäßig.
Viele bleiben an einer Stelle und machen gleich mehrere Kreise hintereinander. Das ist an sich nicht „falsch“ im Sinne von gefährlich – aber es ist nicht Tellington.
Denn: Die Methode basiert auf ganz bewussten Strukturen.
Empirisch gesammelte Daten z.B. EEG-Messungen beim Pferd zeigen: Wenn wir diese 1-¼-Kreise machen, mit genau dieser Gleitbewegung dazwischen, verändert sich was im Gehirn.
Die Aktivität verschiebt sich in Richtung Ruhe – aber nicht in Richtung „abschalten“, sondern in einen Zustand, der wach und gleichzeitig entspannt ist.
Es ist noch nicht wissenschaftlich untermauert, aber in der Praxis zeigen uns die Tiere immer wieder, wie effektiv die Arbeit mit Tellington TTouch ist.
Deshalb: Auch wenn es unsinnig scheint oder zu technisch klingt – vertraue der Struktur.
Sie ist ein Rahmen, in dem dein Hund zur Ruhe kommen kann – und du übrigens auch.

6. Von Punkt zu Punkt hüpfen? Das bringt Unruhe
Tellington TTouch hat ganz viel mit Fühlen zu tun – und mit Verbindung.
Wenn du bei jedem einzelnen Touch neu ansetzt, die Hand abhebst und irgendwo anders weitermachst, entsteht kein Fluss.
Viele merken das gar nicht, weil sie so konzentriert auf die Kreisbewegung sind. Aber für den Hund fühlt es sich unruhig an. Nicht stimmig. Nicht sicher.
Und genau dann passiert’s oft: Der Hund steht auf, geht weg, dreht den Kopf zur Seite. Nicht, weil du was „falsch“ gemacht hast – sondern weil die Verbindung fehlt.
Deswegen: Nutze das Gleiten.
Zwischen den einzelnen Touches gleitest du einen Fingerbreit weiter – und bleibst im Kontakt.
Das gibt eine Linie, eine Orientierung – für dich und für deinen Hund.
Und wie immer gilt:
Probier’s an dir selbst.
Mach zwei oder drei Kreise auf deinem Unterarm – mit Gleiten dazwischen. Und dann mach dieselben Kreise, aber setz jedes Mal neu an. Spür mal hin:
Was fühlt sich ruhiger an? Was stimmiger?
Diese kleinen Unterschiede machen in der Wirkung einen großen Unterschied.
Und dein Hund spürt sie sofort.
7. Nicht wirklich da – und der Hund merkt’s
Unser Gehirn ist ein Wunderwerk. Es kann planen, erinnern, analysieren, organisieren. Aber leider auch: ständig plappern.
„Was esse ich heute?“ – „Hab ich das Auto abgeschlossen?“ – „Wollten wir nicht noch Urlaub buchen?“
Das alles läuft oft nebenbei – auch wenn wir gerade unseren Hund ttouchen.
Und genau da liegt das Problem:
Wenn du mit deinem Kopf woanders bist, kann deine Hund das spüren.
Dann spürt er nur halbherzige Berührungen, fühlt deine Unruhe – und kann sich nicht entspannen.
Also: Mach’s dir leicht.
Lass die Gedanken mal kurz ziehen – wie Wolken.
Komm im Moment an.
Jetzt. Hier. Mit deinem Hund.
Und selbst wenn es nur zwei Minuten sind – das ist vollkommen okay.
Ich sag gern:
„Nutze diese Zeit mit deinem Hund als kleine Auszeit – auch für dich.“
Denn unsere Hunde? Die sind schon im Hier und Jetzt. Die warten nur drauf, dass wir dazustoßen.
8. Achte auf die Körpersprache deines Hundes
Unsere Hunde sprechen mit uns. Nicht mit Worten, aber mit ihrem Körper.
Und sie tun das ständig – auch beim TTouch.
Manchmal ganz offensichtlich: ein Abwenden, Aufstehen, Weggehen. Aber viel öfter ist die Körpersprache leise, fast unsichtbar. Und gerade diese kleinen Signale sind Gold wert.
Ein kurzes Lefzenlecken. Ein Blinzeln. Die Ohren zucken leicht. Die Stirn zieht sich zusammen.
Vielleicht verändert sich die Atmung oder der Blick wird etwas starrer.
Das sind keine Zufälle – das sind Rückmeldungen.
Dein Hund sagt dir damit:
„Hier bin ich mir nicht sicher.“
Oder:
„Das ist mir unangenehm.“
Und genau diese Zeichen wollen wir wahrnehmen – nicht übergehen.
Es geht nicht darum, sofort aufzuhören. Sondern darum, zu fragen:
Was kann ich verändern, damit es für meinen Hund besser wird?
Vielleicht weniger Druck. Vielleicht eine andere Stelle. Vielleicht erstmal eine Pause.
Deshalb mein Rat:
Sei beim TTouch nicht nur mit der Hand aktiv – sondern auch mit deinen Augen.
Beobachte. Spür hin. Sei neugierig.
Denn dein Hund zeigt dir alles, was du wissen musst – du musst es nur sehen wollen.
9. Zu viel wollen – und zu schnell
Viele Menschen haben ein ziemlich klares Bild davon, was der Hund bitte alles nicht mehr tun soll.
„Du sollst nicht mehr an der Leine ziehen.“
„Du sollst nicht bellen.“
„Du sollst keine Angst mehr haben.“
Und natürlich steckt dahinter ein verständlicher Wunsch: Man will, dass es dem Hund besser geht. Dass der Alltag leichter wird, entspannter, harmonischer.
Aber dieses Denken in Verboten – in „das soll weg“ – bringt uns oft nicht weiter.
Viel hilfreicher ist es, sich zu fragen:
Wie soll es denn stattdessen aussehen?
Zum Beispiel:
Ein Hund, der entspannt an der Leine läuft.
Der andere Hunde ignorieren kann, statt sie anzubellen.
Der sich nicht mehr verkrampft, sondern durchatmen kann.
Wenn wir mit TTouch arbeiten, denken viele:
„Ich mach jetzt diese Berührungen – und dann verändert sich das Verhalten.“
Und ja – das kann passieren.
Manchmal gibt es wirklich Momente, in denen nach einer Touch-Sitzung plötzlich Ruhe einkehrt.
Aber in den meisten Fällen ist es wie überall im Leben:
Es ist ein Prozess. Eine Entwicklung. Eine gemeinsame Reise.
Was TTouch besonders gut kann:
Den Grundstress im Körper abbauen.
Wenn der Körper sich beruhigt, wenn Muskeln weich werden, Atmung tiefer wird – dann verändert sich auch das, was das Gehirn daraus macht.
Die inneren Signale ändern sich – und damit auch das Verhalten.
Manchmal sind das ganz kleine Schritte.
Ein Blick, der weicher wird. Ein Atemzug, der tiefer geht. Ein Moment, in dem dein Hund nicht reagiert, wo er früher explodiert wäre.
Und manchmal ist es ein echter Durchbruch.
Wichtig ist nur:
Erwarte nicht alles auf einmal.
Achte auf die kleinen Veränderungen. Die sind oft das, was wirklich zählt.
10. Keine Pause machen? Dann kann der Körper auch nichts lernen
Pausen sind nicht „nichts“.
Pausen sind Lernzeit.
Sie sind der Moment, in dem das Gehirn anfängt, das Erlebte zu sortieren, einzuordnen, zu verarbeiten.
Manchmal sind es winzige Pausen – nur ein Atemzug nach einem Touch, bevor du weitermachst. Und manchmal ist es eine ganze Sitzungspause: Heute nur ein paar Minuten – das reicht.
Denn: Die Länge einer Sitzung sagt nichts darüber aus, wie tief sie wirkt.
Der Körper lernt anders als wir Menschen das oft erwarten. Nicht durch endlose Wiederholungen. Sondern durch klare Impulse – und dann Raum. Raum zum Nachspüren.
Deshalb:
Fang ruhig mit kurzen Sitzungen an. Ein paar Minuten. Oder auch nur ein paar Berührungen zwischendurch, wenn es gerade passt.
Dein Hund liegt da, döst vor sich hin, du gehst vorbei, bleibst stehen, atmest aus, machst zwei, drei Touches – und gehst weiter.
Mehr braucht es oft gar nicht.
Und wenn dein Hund nach der Sitzung liegen bleibt, vielleicht sogar einschläft – perfekt.
Denn das Gehirn verarbeitet Reize besonders gut im Schlaf. Und das ist der Moment, in dem sich Verhalten wirklich verändern kann.
Also: Mach Pausen. Und trau ihnen etwas zu.
Sie sind kein Leerlauf. Sie sind Teil der Methode
Und jetzt? Tief durchatmen. Du machst das gut.
Diese Liste hier soll dir keine Angst machen.
Sie ist kein Katalog von Dingen, die du „falsch“ machst.
Sie ist eine Einladung – zum Beobachten, zum Ausprobieren, zum Lernen. Gemeinsam mit deinem Hund.
Bitte mach dir keinen Stress.
TTouch ist kein Wettbewerb. Es geht nicht darum, alles sofort perfekt zu machen.
Es geht darum, dich und deinen Hund kennenzulernen.
Euch Zeit zu geben. Raum. Neugier. Und kleine Schritte.
Manchmal ist ein einzelner, ruhiger Kreis mehr wert als zehn durchgearbeitete Minuten.
Manchmal ist ein Atemzug wichtiger als jede Technik.
Und bitte: Sei auch freundlich mit dir selbst.
Du darfst Fehler machen. Unsicher sein. Lachen. Aufhören und später weitermachen.
Dein Hund braucht keinen perfekten Menschen – sondern einen echten. Einen, der zuhört, hinfühlt und bereit ist, sich einzulassen.
Also: Ausatmen und einfach Anfangen.
