Wie viele andere Hundeunternehmer, bieten auch wir seit vielen Jahren immer wieder Seminare zum Thema Silvesterangst an. Und wie die anderen Unternehmer auch, sind wir sehr glücklich das diese Seminare und Workshops immer mehr Anklang finden unter Hundehaltern. Denn die Tage um Silvester müssen nicht zu einem totalen Desaster werden. Es gibt recht viele Trainingsansätze und viele gute Trainer, die mit Euch zusammen arbeiten können. Auch das Netz bietet heute viele Seiten, die gefüllt sind mit Tipps zum Thema Angst an Silvester. Aber welcher ist der Richtige? Das was mir und meinem Hund geholfen hat, werde ich nun in diesem Blogartikel niederschreiben.
Angst, Verzweiflung und am Ende doch Hoffnung
Angst ist eine natürlicherweise recht nützliche Emotion, kann in unserer heutigen Welt aber auch schnell ein krankhaftes Limit erreichen, welches Hund und Halter verzweifeln lässt. Mit dem oft zu lesenden Spruch „Da muss er durch, ist doch nur einmal im Jahr“ kommen wir hier nicht weiter. Gerade in unserer schönen Hauptstadt geht das Geknalle schon Tage vor Silvester los und hält sich hartnäckig bis in die ersten Januartage hinein.
Eine Woche Dauerstress, Angst und Panik sind ziemlich ungesund. Denn nicht abgebaute Angst wirkt lange nach und der Körper kann nicht zu seinem normalen Gleichgewicht zurückfinden. Die Angstschwelle ist nun herabgesetzt und es kommt zu immer heftigeren Angstreaktionen, was nachhaltige Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann.
Es gibt natürlich viele Hundehalter die schon einiges ausprobiert haben. Führt das Training aber nicht zum gewünschten Erfolg, resignieren eben so viele aber leider auch. So liest man dann oft den Satz „Wir haben schon aaalles probiert…“ Und fortan erträgt man dann Silvester eben irgendwie, nur nicht zufrieden. Das finden wir Schade und hoffen, Euch ein klein wenig Hoffnung mit der folgenden Geschichte geben zu können.
Die Geschichte eines Angsthundes
Der kleine Bobby hat sein erstes Lebensjahr in einem Schuppen auf dem Land verbracht. Isoliert von der Außenwelt. Wir alle wissen welche entwicklungstechnischen Sprünge unsere Vierbeiner allein in den ersten Monaten machen.
Nun, er hat sie alle verpasst und dann lebte er nach einigen Irrwegen plötzlich bei mir in Berlin. Selbstverständlich hatten wir einige Hürden zu überwinden, aber hier soll es einzig um die Angst vor Knallern und Raketen gehen.
Die ersten 2 Jahre
Im ersten Jahr lebten bei mir noch zwei Hündinnen neben Bobby. Beide waren recht souverän, aber wie sah das Ganze an Silvester aus? Da hätten die mit viel Freude vermutlich sogar selbst eine Rakete abgefeuert, wenn sie gekonnt hätten 😀
Das hat sich glücklicherweise auf Bobby übertragen. Ein bisschen irritiert war er durchaus, hat sich aber doch meist den Damen gewidmet oder im Bett gedöst. Nachdem eine der Hündinnen ein neues zu Hause fand (Pflegestelle), verstarb die andere im Jahr darauf. Wir waren also Silvester auf uns gestellt.
Wie schrecklich Angst bei einem Hund aussehen kann, weiß ich spätestens seitdem.
- Gassi gehen war unmöglich, nicht mal kurz vor die Tür
- 2 Wochen Durchfall und Erbrechen
- erstes Mal richtig raus am 6. Januar (das letzte Mal am 28.12.)
- schlecht bis gar nicht essen
- permanent angespannt und aufmerksam
- keine Ruhe finden, gestörter Schlaf
- zumeist versteckt liegend im Bad hinter dem Rohr der Toilette
- natürlich nicht mehr lernfähig oder für irgendwas Positives zu gewinnen
Mit diesem krassen Wandel habe ich natürlich nicht gerechnet. Es war klar das ich das ganze Jahr nutzen musste, um das dritte Silvester nicht so ausarten zu lassen.
Und das tat ich.
Gezieltes Rückruftraining, damit er am Ende bei Knallgeräuschen zu mir kommt. Dazu eine Geräusch-CD/Desensibilisierung. Eine Box wurde geholt und auch verschiedene andere Plätze eingerichtet, an denen er Ruhe finden sollte. Wir haben nach einer gewissen Trainingszeit sogar leises Kinderfeuerwerk im Nebenzimmer zünden lassen, damit der Geruch dazu kommt. Dies natürlich mit einer zweiten Hilfsperson im Haus und geschlossenen Türen zum Kinderfeuerwerk. Dazu gab es selbstverständlich eine Tonne Würstchen für den Hund.
Silvester wurden alle Fenster abgehangen und die Musik düdelte den ganzen Abend. Dazu gab es Rescue Tropfen aus der Apotheke. Kleine Erfolge konnten wir damit verbuchen, aber Silvester kam und ich hatte trotzdem ein ängstliches Bündel in der Wohnung sitzen. Diesmal hat er sich allerdings schon deutlich schneller von den Strapazen erholt. Gelohnt hat sich das Training also durchaus. Völlig zufrieden war ich aber natürlich nicht und überlegte was ich noch tun könnte.
Und dann kam der Tellington TTouch
Meine Mutter/Chefin arbeitete damals schon länger mit TTouch. Aber ähnlich wie viele andere, stand ich dem noch skeptisch gegenüber und verließ mich lieber auf das Wissen, dass ich in der Ausbildung zur Hundetrainerin gelernt hatte. Nach einem Crashkurs in Tellington TTouch ging’s gleich los. Ende Oktober begann ich mehrmals wöchentlich, die kleinen Kreise auf Bobby zu verteilen. Meist abends beim Kuscheln im Bett. Erwartet hab‘ ich mir gar nicht viel, aber es soll ja eine gute Hilfe bei Knallerangst sein, hörte ich 😉 . Bobby fand es sehr angenehm und wurde für seine Verhältnisse doch ziemlich anhänglich. Es entwickelte sich eine Art Routine die ich bis Silvester fortführte. Und dann hat der kleine Bobby mich einfach nur noch umgehauen.
Das erste Silvester mit TTouch
Die Managementmaßnahmen wurden eingeleitet:
- Viele kuschlige Höhlen in der Wohnung, nahe bei mir
- Die Box so gestellt, dass sie nicht zum Fenster steht mit der Öffnung
- Rescuetropfen im Trinkwasser und zusätzlich alle 2h in den Hund
- Fenster abhängen
- Musik an
- Tonnenweise Leckereien immer griffbereit
- Lieblingskauartikel gekauft (Markknochen…)
- Letzte Runde bevor es dunkel wurde
Bobby verbrachte den Großteil des Abends in seiner Box und knabberte an seinem Knochen. Erster Fortschritt, das Bad hat er gar nicht mehr betreten. Die Tür stand natürlich offen, wenn das trotzdem wieder seine Wahl sein sollte. Meistens hing sein Hinterteil aus der Box heraus und wenn ich ihn ansprach wedelte sein kleines Schwänzchen. Kam er heraus, gab es ein kleines Stück Würstchen oder Käse, welches er gerne annahm! Gegen 20 Uhr ging ich in die Küche und bereitete das Essen vor. Er ist noch nie (!) dazu gekommen. Diesmal kam er und zack, fiel mir auch schon etwas von meinem Essen vom Küchentisch. Er blieb den ganzen Abend ansprechbar, war nicht abwesend, nicht ängstlich.
Meine Freude kann ich gar nicht in Worte fassen. Ich war so stolz auf den Zwerg. Am Vormittag des 1. Januars drehten wir eine Minirunde von 5 Minuten. Da es auch hier noch böllert, war er natürlich sehr angespannt und ausreizen muss man das an der Stelle nicht. Also begnügten wir uns bis zum 3.1. mehrmals täglich mit diesen Minirunden und dann wurde es endlich wieder ruhiger in Berlin.
Warum hat TTouch funktioniert?
Ich habe mit den Kreisen des TTouches Bobbels körperliche Blockaden gelöst. Ängste und Verspannungen werden im Körper abgespeichert und dort kann man sie auch wieder lösen. Die Bewegungen des Tellington TTouch wirken auf die Zellen der Haut und Unterhaut ein. Dabei leiten Rezeptoren den Sinnesreiz über Nervenfasern an das Gehirn weiter. Das Gehirn und der Körper sind untrennbar miteinander verbunden. Dadurch befinden sie sich in einem permanenten Austausch von Gedanken und Gefühlen.
Die Arbeit mit Tellington TTouch ist bei vielen Verhaltensproblemen hilfreich. In unserem Fall war es heftige Angst. TTouch ermutigt den Hund zu Eigenständigkeit, Selbstkontrolle und Selbstbewusstsein. Durch die Änderung der Körperhaltung die wir damit erreichen können, verändert sich auch das Verhalten des Hundes.
Fazit
Dieses Silvester, an dem Bobby das erste mal angstfrei war, liegt schon 6 Jahre zurück. Ich habe mein Wissen um TTouch seitdem stetig erweitert und jedes Jahr wieder Neues entdeckt, was den kleinen Bobby und natürlich auch andere von mir umsorgte Hunde immer wieder positiv beeinflussen konnte. In der Hundebetreuung, der Beratung und auch als Pflegestelle, will ich die Arbeit mit dem Tellington Touch nicht mehr missen.
Wir wünschen Euch jetzt schon mal einen entspannten Jahreswechsel. Prost. 🙂
Hi, eure Geschichte und der dazu gehörige Artikel liest sich total interessant und macht Hoffnung darauf, dass Grundsätzlich ein entspanntest Silvester mit dem vierbeinigen Familienmitglied möglich ist. Lieben Dank dafür und liebe Grüße, Sandra Horn